Erzwingungshaft – Wann damit gerechnet werden muss

Wann es zu einer Erzwingungshaft bei einem Bußgeld kommt, hängt immer vom Betroffenen selbst ab. Wurde nach einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr ein Bußgeld verhängt, sollten Betroffene dieses zahlen und den Bescheid nicht einfach abtun oder Einspruch einlegen, wenn Sie Fehler vermuten. Denn diese Art der Haft kann als Maßnahme zur Erzwingung der Zahlung angeordnet werden.

Wann kommt es zu einer Erzwingungshaft?
Wann kommt es zu einer Erzwingungshaft?

Ignorieren Beschuldigte also einen Bußgeldbescheid und zahlen das verhängte Bußgeld nicht, kann es passieren, dass sie sich in einer Zelle wiederfinden. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit des Bußgeldbescheids, kann Einspruch eingelegt werden. Auch auf einen fehlerhaften Bescheid nicht zu reagieren, ist nicht ratsam.

Doch wann genau wird eine Erzwingungshaft wegen einem Bußgeld veranlasst und gibt es Möglichkeiten, diese trotz bestehender Anordnung abzuwenden? Diese und weitere Fragen soll der folgende Ratgeber näher beleuchten.

Erzwingungshaft: Die wichtigsten Fragen & Antworten

Wann droht eine Erzwingungshaft?

Wenn Sie einen Bußgeldbescheid ignorieren und auch nach der darauf folgenden Mahnung nicht zahlen, kann die Konsequenz aus einer Erzwingungshaft bestehen.

Wie lange dauert eine Erzwingungshaft?

Informationen über die maximale Dauer einer Erzwingungshaft finden Sie hier.

Wie können Sie eine Erzwingungshaft vermeiden?

Am einfachsten vermeiden Sie eine Erzwingungshaft, indem Sie das geforderte Bußgeld zahlen. Sind Sie dazu aufgrund Ihrer finanziellen Situation jedoch nicht in der Lage, können Sie einen Antrag auf Ratenzahlung stellen. In diesem Fall müssen Sie normalerweise keine Erzwingungshaft befürchten.

Rechtliche Grundlagen der Erzwingungshaft

Grundsätzlich wird eine Erzwingungshaft in Deutschland in zwei Fällen angeordnet. Die rechtliche Grundlage hierfür bilden der § 96 im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Dieser legt diesbezüglich Folgendes fest:

(1) Nach Ablauf der in § 95 Abs. 1 bestimmten Frist kann das Gericht auf Antrag der Vollstreckungsbehörde oder, wenn ihm selbst die Vollstreckung obliegt, von Amts wegen Erzwingungshaft anordnen, wenn
1. die Geldbuße oder der bestimmte Teilbetrag einer Geldbuße nicht gezahlt ist,
2. der Betroffene seine Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan hat (§ 66 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b),
[…]
4. keine Umstände bekannt sind, welche seine Zahlungsunfähigkeit ergeben.

Im ersten Fall wird die Erzwingungshaft mit dem Ziel verhängt, ein ausstehendes Bußgeld einzutreiben. Verkehrssünder haben nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheids und mit dem Beginn der Fälligkeit zwei Wochen Zeit die Geldbuße zu bezahlen.

Eine Erzwingungshaft wegen einem Bußgeld kann angeordnet werden, wenn dieses nicht bezahlt wird.
Eine Erzwingungshaft wegen einem Bußgeld kann angeordnet werden, wenn dieses nicht bezahlt wird.

Werden trotz Mahnungen und weiteren Aufforderungen keine Zahlung geleistet und keine Gründe für einen Zahlungsverzug angegeben, kann der Bescheid durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden.

Der oben genannte Paragraph besagt, dass Zahlungserleichterungen durchaus möglich sind. Wenn ein Betroffener im Laufe des Verfahrens zum Beispiel darlegt, warum er das Bußgeld aus finanziellen Gründen nicht zahlen kann, sind diese Zahlungserleichterungen zulässig sind.

Diese können vom Gericht oder der Vollstreckungsbehörde gewährt werden und beinhalten oft auch eine Möglichkeit zur Ratenzahlung.

Ist eine Vollstreckung nicht möglich und liegen für diesen weiteren Verzug weiterhin keine triftigen Gründe vor, kann eine Erzwingungshaft als Maßnahme zum Eintreiben des offenen Betrags veranlasst werden. Die Erzwingungshaft an sich ist keine Sanktion in Bezug auf den begangenen Verkehrsverstoß. Sie stellt ein Beugemittel dar, mit welchem der Beschuldigte zur Zahlung veranlasst werden soll.

Neben dem Bußgeldverfahren kann eine Erzwingungshaft auch in einem zweiten Fall angeordnet werden, nämlich dann, wenn eine Zeugenaussage erzwungen werden soll. Im Rahmen eines Strafverfahrens wird dies dann meist auch als Beugehaft bezeichnet.

Die Vollstreckung sowohl der Maßnahmen bei einem nicht bezahlten Strafzettel als auch in Form der Beugehaft erfolgt auf Grundlage der §§ 451 ff. der Strafprozessordnung (StPO). Hier wird die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde festgelegt, die für die Durchführung verantwortlich ist.

Selten, aber auch möglich, ist die Erzwingungshaft, wenn gemäß § 802g Zivilprozessordnung (ZPO) keine Vermögensauskunft abgegeben wird.

Dauer einer Erzwingungshaft

Bereits im Bußgeldbescheid muss auf die Möglichkeit einer Anordnung zur Erzwingungshaft hingewiesen werden, da dies Teil der Rechtsbelehrung ist. Wird diese Anordnung durch das Gericht erteilt, darf die Haft aufgrund einer ausstehenden Geldbuße sechs Wochen nicht überschreiten.

Wurden in einer Entscheidung mehrere Bußgelder zusammengefasst und stehen diese aus, darf die Erzwingungshaft nicht länger als drei Monate betragen. Die Dauer einer solchen Beugemaßnahme ist ebenfalls im § 96 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) festgelegt:

“[…] Die Dauer der Erzwingungshaft wegen einer Geldbuße darf sechs Wochen, wegen mehrerer in einer Bußgeldentscheidung festgesetzter Geldbußen drei Monate nicht übersteigen. Sie wird, auch unter Berücksichtigung des zu zahlenden Betrages der Geldbuße, nach Tagen bemessen und kann nachträglich nicht verlängert, jedoch abgekürzt werden. Wegen desselben Betrages darf die Erzwingungshaft nicht wiederholt werden.

Die Bemessung der Dauer geschieht also aufgrund der Höhe der ausstehenden Beträge und wird in der Regel in Tagen angegeben. Da die Maßnahme nicht der Strafe, sondern der Beugung des Zahlungswillen eines Beschuldigten dienen soll, muss die Unterbringung gesondert geregelt sein. Ein Betroffener in Erzwingungshaft darf nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung mit Strafgefangenen beziehungsweise Verurteilten zusammen untergebracht sein.

Beschuldigte können die Erzwingungshaft abwenden, indem sie das Bußgeld bezahlen.
Beschuldigte können die Erzwingungshaft abwenden, indem sie das Bußgeld bezahlen.

Hat die Maßnahme keinen Erfolg, darf sie laut Rechtslage für denselben ausstehenden Betrag auch nicht wiederholt werden. Wird ein Beschuldigter aufgrund von einem Bußgeld in Erzwingungshaft genommen und endet diese ohne Ergebnis, darf die Vollstreckungsbehörde nicht nochmals eine solche Maßnahme anordnen.

Erhalten Betroffene eine Anordnung, ist es immer ratsam, sich diesbezüglich an einen Anwalt zu wenden, da dieser die rechtlichen Begebenheiten kennt und bezüglich der weiteren Vorgehensweise unterstützend zur Seite stehen kann.

Bußgeld nicht bezahlt – Droht immer Erzwingungshaft?

Im Laufe eines Verfahrens können Beschuldigte eine Beugemaßnahme jeder Zeit verhindern oder beenden. Hierfür sind nur wenige Schritte notwendig. Denn, um eine Erzwingungshaft nach einem Bußgeld abwenden zu können, muss entweder das geforderte Bußgeld bezahlt oder Gründe für eine Zahlungsunfähigkeit dargelegt werden.

Dabei müssen Betroffene diese Gründe so ausführlich wie möglich darstellen und den Willen zeigen, der Zahlung nachkommen zu wollen. In der Regel kann oftmals auch eine Ratenzahlung mit dem Gericht oder der Vollstreckungsbehörde vereinbart werden.

Wird das Bußgeld nicht bezahlt, ist eine Erzwingungshaft als Beugemaßnahme zulässig.
Wird das Bußgeld nicht bezahlt, ist eine Erzwingungshaft als Beugemaßnahme zulässig.

Wurde dem Autofahrer beispielsweise aufgrund eines Rotlichtverstoßes ein Bußgeldbescheid zugesandt und hat er versäumt, diesen zu bezahlen, oder ist er aus finanziellen Gründen nicht dazu in der Lage, sollte dies dem Gericht ausführlich und unverzüglich mitgeteilt werden.

Den Bußgeldbescheid und alle nachfolgende Kommunikation zu ignorieren, hat dann jedoch Konsequenzen. In diesen Fällen führt ein nicht bezahltes Bußgeld oftmals zu einer Erzwingungshaft.

Gegen die Anordnung einer solchen haben Beschuldigte oder deren Anwälte die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Eine Rechtsbeschwerde ist nach § 311 Strafprozessordnung sowie nach § 390 Abs. 3 Zivilprozessordnung zulässig.

Die Beschwerde muss in schriftlicher Form beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Dies ist nur durch einen Verteidiger, also den Rechtsanwalt des Betroffenen, möglich. Eine solche Beschwerde bedarf einer ausführlichen Begründung, die ebenfalls durch den Anwalt eingereicht werden muss. Ist das Schreiben nicht eindeutig genug, kann das durchaus auch negative Folgen für den Antragsteller haben.

Die Entscheidung, ob eine Rechtsbeschwerde zugelassen wird, obliegt allein dem zuständigen Gericht und ist immer einzelfallabhängig.

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Über den Autor

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Dörte L.

Seit 2016 ist Dörte Teil der Redaktion von punkte-flensburg.de. Sie schreibt Ratgeber zu den wichtigsten Verkehrszeichen, Verkehrsverstößen rund ums Thema Alkohol und zum Bußgeldverfahren. Sie hat Anglistik und Germanistik in Potsdam studiert.