Abhängig von der Fahrbahnumgebung herrschen in Deutschland bestimmte Tempolimits. Das heißt, wer innerorts oder außerorts zu schnell fährt, dem drohen Sanktionen. Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten, wird der Straßenverkehr durch die zuständigen Verkehrsbeamten mit Hilfe von Blitzern überwacht. Eine Möglichkeit den fließenden Verkehr im Straßenraum zu überwachen, ist das sogenannte Videonachfahrsystem.
Dabei handelt es sich um eine Messvorrichtung, die im Dienstfahrzeug der Polizei installiert werden kann und zur Erfassung von Verkehrssündern beiträgt. Die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren steht allerdings nicht selten in der Kritik, da dieses Verfahren der Verkehrsüberwachung mitunter fehlerbehaftet sein kann. Wie das beschriebene System konkret funktioniert, welche Technik in Deutschland zum Einsatz kommt, was für die Messstrecke von Bedeutung ist und welche Fehlerquellen es gibt, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren: Die wichtigsten Fragen & Antworten
Informationen zum Ablauf der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren finden Sie an dieser Stelle.
Mit welchen Fehlerquellen Videonachfahrsysteme behaftet sind, können Sie hier in Erfahrung bringen.
Da Videonachfahrsysteme relativ fehleranfällig sind, muss bei einem Tempo unter 100 km/h ein Abzug von 5 km/h stattfinden. Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h ist ein Toleranzabzug von 5 Prozent verpflichtend.
Beispiele für Videonachfahrsysteme
Wie funktionieren Videonachfahrsysteme?
Was lässt sich zur konkreten Funktionsweise von Videonachfahrsystemen sagen, die zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren eingesetzt werden?
Durch diese Form der Verkehrsüberwachung haben Beamte der Verkehrspolizei die Möglichkeit Geschwindigkeitsverstöße im bewegten Straßenverkehr quasi „live“ bzw. in Echtzeit aufzuzeichnen. Fällt den zuständigen Polizisten während der Fahrt im Dienstwagen ein verdächtiger Verkehrsteilnehmer auf, der z.B. einen Abstandsverstoß begeht, dann kann die Verfolgung aufgenommen werden um eine Abstandsmessung einzuleiten.
Hierbei handelt es sich in der Regel allerdings nicht wie vielleicht von manchen Autofahrern angenommen um eine wilde Verfolgungsjagd, sondern viel mehr um eine kontrollierte Verkehrsüberwachung, die von den Beamten routinemäßig durchgeführt wird.
Über eine bestimmte Messtrecke hinweg wird das verdächtige Fahrzeug hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit überprüft. Eine zuverlässige Messung ist bei einer Strecke unter 100 Metern nicht möglich. Die optimale Messstrecke beträgt in etwa zwischen 300 und 500 Metern.
Bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren wird unterschiedliche Technik eingesetzt
Videonachfahrsysteme ermöglichen Geschwindigkeitsmessungen, Überwachungen des Abstands und die Beweisführung bei anderen Verstößen (Drängeln, verbotenes Überholen etc.). In der Praxis wird dabei in Deutschland auf verschiedene Geräte zurückgegriffen.
Die bekanntesten technischen Hilfsmittel zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren sind der Provida-Blitzer und dessen Gegenstück das Vidista-Verfahren. Im Verbund bilden beide das sogenannte Videonachfahrsystem. Es handelt sich also in der Regel um eine Gerätschaft bestehend aus zwei Komponenten.
Provida-Blitzer
Provida steht für Proof-Video-Data-System und gehört auf deutschen Straßen zu den gängisten Videonachfahrsystemen. Hierbei wird die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren von Messgeräten unterstützt, die aus dem Dienstwagen der Polizei heraus blitzen können, ohne dabei tatsächlich einen Blitzvorgang auszulösen. Videoüberwachungssysteme können nicht nur in Pkw, sondern auch auf Motorrädern von Verkehrspolizisten angebracht werden.
Mit anderen Worten: Es handelt sich um Blitzer die nicht blitzen. Betroffene Verkehrssünder bekommen dementsprechend in der Regel nicht mit, dass ihr regelwidriges Fahrverhalten mit Hilfe der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren dokumentiert wird.
Das Videoüberwachungssystem Provida ist auch unter dem Namen Police-Pilot bekannt. Wenn die zuständigen Verkehrspolizisten sich auf einen Einsatz vorbereiten, präparieren sie zunächst ihr Zivilfahrzeug für die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren. Zum Equipement gehören:
- Messgerät,
- Videokamera
- und Steuergerät
Der Provida-Blitzer bietet insgesamt drei verschiedene Möglichkeiten zur Ermittlung von Verstößen gegen die geltende Straßenverkehrsordnung bzw. das Verkehrsrecht:
- Aus dem stehenden Dienstwagen heraus kann die komplette Messstrecke kameratechnisch erfasst werden. Dabei wird die Zeit gemessen, die das verdächtige Fahrzeug vom Beginn- bis zum Ende der Strecke benötigt. Da die Länge der Messstrecke zuvor genau festgelegt wurde, ist eine Ermittlung der Durchschnittsgeschwindigkeit möglich.
- Die zuständigen Verkehrspolizisten fahren vor dem ausgemachten Fahrzeug her oder folgen diesem mit konstantem Abstand. Achten die Beamten penibel genau auf einen stets gleichbleibenden Abstand, dann entspricht die Geschwindigkeit des Zivilfahrzeugs der Polizisten der des überwachten Pkw.
- Folgt das Polizeifahrzeug dem zu überwachenden Pkw, ist eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren auch ohne konstanten Abstand umsetzbar. Denn die Messung kann sich in diesem Fall an zwei markanten Punkten innerhalb der Fahrbahnumgebung orientieren. Eine manuelle Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren kann gestartet werden, sobald das verdächtige Fahrzeug den ersten Punkt passiert und wird beendet, wenn der zweite Punkte überfahren wurde.
Vidista-Verfahren
Um die während der Fahrt gesammelten Daten im Nachhinein auszuwerten und die aufgezeichneten Videosequenzen einer Untersuchung zu unterziehen, kommt die zweite Komponente des beschriebenen Videonachfahrsystems ins Spiel: Das sogenannte Vidista-Verfahren.
Dabei wird der Abstand zwischen Polizeiwagen und überwachtem Fahrzeug basierend auf den vorliegenden Videobildern bestimmt. Unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit des Polizeifahrzeugs, die ebenfalls dokumentiert wurde, wird dann die Geschwindigkeit des überwachten Fahrzeugs errechnet.
Die Auswertung des Videomaterials erfolgt nicht vor Ort, sondern erst im Labor. Auch wenn die Bilder bzw. Videosequenzen den Betroffenen aus verkehrserzieherischen Gründen oft direkt gezeigt werden, handelt es sich hierbei aus rechtlicher Sicht noch nicht um die eigentliche Auswertung.
Bei sämtlichen Messergebnissen wird in der Regel eine gewisse Toleranz gewährt. Bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h liegt der Toleranzabzug bei Geschwindigkeitsüberschreitungen bei 3 km/h, während bei einem Tempo von über 100 km/h im Allgemeinen 3% abgezogen werden.
Fehlerquellen: Wodurch werden Messfehler verursacht?
In der Vergangenheit standen Geräte, die eine Geschwindigkeitserfassung im Nachfahren ermöglichen häufig in der Kritik. Denn es kam in manchen Fällen zu fehlerbehafteten Bußgeldbescheiden. Sowohl die Messgeräte selbst als auch die Beamten bzw. deren Dienstfahrzeug werden von Kritikern als mögliche Fehlerquelle genannt.
Nur wenn der eingesetzte Pkw der Verkehrspolizei die folgenden Kriterien erfüllt, sind die gesammelten Daten der Geschwindigkeismessung durch Nachfahren vor Gericht als Beweismaterial zugelassen.
- Der Luftdruck der Reifen muss den geltenden Vorschriften entsprechen.
- Die Profiltiefe der Reifen darf den gesetzlich vorgeschriebenen Minimalwert nicht unterschreiten.
- Nach jedem Reifenwechsel muss insbesondere der Wegstreckenmesser neu geeicht werden. Andernfalls ist die Messung nicht zuverlässig.
Verkehrsüberwachung bei Nacht: Was muss hier beachtet werden?
Verkehrsüberwachungssysteme sollen nach Möglichkeit die besten Bilder unter schwierigsten Bedingungen liefern. Nummernschilder von Fahrzeugen mit hoher Geschwindigkeit müssen auf mehreren Spuren in dichtem Verkehr detailgenau erkannt werden. Weiterhin müssen Fahrer bei stark wechselnden Lichtverhältnissen anhand der Aufnahmen eindeutig identifiziert werden können. Oft sind deutliche Farbaufnahmen bei Tag- und Nacht gefordert.
Vor allem in der Nacht gestaltet sich die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mitunter schwierig. Viele Betroffene Fragen sich in diesem Zusammenhang: Geschwindigkeitsmessung mit Bußgeld als Folge nur durch Nachfahren im Polizeiauto in der Dunkelheit – ist das zulässig?
Laut Richtern des OLG Celle, erfordert eine zuverlässige Messung einen stets gleichbleibenden Abstand, eine angemessen lange Messstrecke und eine spezielle Licht- und Beleuchtungssituation. Beträgt der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug aber weniger als 100 Meter, so relativieren sich die Anforderungen laut Gericht.
Nur bei besonders schlechten Lichtverhältnissen seien in diesem Fall besondere Maßnahmen nötig. Das heißt, nach Ansicht der Richter reicht es in der Regel aus, dass sich das Fahrzeug des Verkehrssünders ständig im Lichtkegel des nachfolgenden Polizeifahrzeugs befindet. Zu diesem Beschluss kam das OLG Celle in einem Fall der 2013 vor Gericht verhandelt wurde .
Hallöchen wollte fragen wie kann mein Anwalt nachweisen beim ProVida Fahrzeug ob der Reifendruck und die Profiltiefe gestimmt haben.