In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde eine steigende Anzahl an Verkehrsunfällen, die durch Fahranfänger verursacht wurden, registriert. Als Folge davon führte die Bundesregierung 1986 die zweijährige Probezeit für Führerscheinneulinge ein. Wenn Sie sich während dieser Zeit eines Verkehrsverstoßes schuldig machen, müssen Sie unter Umständen mit strengeren Maßnahmen rechnen als erfahrene Autofahrer.
Welche Konsequenzen drohen aber, wenn Sie nicht nur gegen die Verkehrsregeln verstoßen, sondern sogar einen Unfall in der Probezeit verursachen? Was passiert, wenn es für Fahranfänger kracht, erläutern wir in diesem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: Unfall während der Probezeit
Zunächst gilt: Nur weil Sie in der Führerschein-Probezeit einen Unfall gebaut haben, bedeutet das nicht automatisch, dass Probezeitmaßnahmen auf Sie zugekommen. Hier ist es entscheidend, ob Sie einen Verkehrsverstoß begangen haben, der als A- oder B-Verstoß gewertet wird.
Ein Unfall an sich stellt weder einen A-Verstoß noch einen B-Verstoß dar. Entscheidend ist, warum es zu dem Unfall kam und wie schwer die Schäden sind: Befuhren Sie zum Beispiel verbotswidrig den Seitenstreifen und es kam zu einem Sachschaden, ist das kein A- oder B-Verstoß. In diesem Fall drohen keine Probezeitmaßnahmen. Sind Sie hingegen bei Rot über die Ampel gefahren und haben eine Kollision verursacht, stellt dies immer einen A-Verstoß dar.
Auch hier kommt es letztendlich auf die Unfallursache an. Haben Sie den Unfall aufgrund fahrlässigen Verhaltens herbeigeführt, droht eine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar fahrlässiger Tötung. Beides stellt eine Straftat und damit einen A-Verstoß dar. In gravierenden Fällen kann auch die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgen (dies gilt gleichermaßen für Fahranfänger als auch für erfahrene Autofahrer).
Im Video: Verhalten beim Unfall
Unfall bei Führerschein auf Probe: Entscheidend ist die Unfallursache!
Wenn Sie als Fahranfänger die Verkehrsregeln missachten, müssen Sie neben den üblichen Bußgeldern, Punkten und Fahrverboten unter Umständen noch mit weiteren Maßnahmen rechnen. Das können z. B. die Verlängerung Ihrer Probezeit oder die Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar sein. Ob eine derartige Maßnahme verhängt wird, hängt davon ab, was für einen Verkehrsverstoß Sie begangen haben.
Dies gilt prinzipiell selbst dann, wenn Sie einen Unfall in der Probezeit verursachen. Die bloße Tatsache, dass es gekracht hat, hat für Sie als Fahranfänger erst einmal keine zusätzlichen Konsequenzen. Hier kommt es nämlich darauf an, wie genau es überhaupt zu dem Unfall kam. War ein A- oder B-Verstoß Ihrerseits Schuld daran, dass es gekracht hat, drohen entsprechende Konsequenzen:
Verstoß | Folgen |
---|---|
Verkehrsverstoß, der mit einem Bußgeld von mindestens 60 Euro bestraft wird | Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre |
A-Verstoß in der Probezeit z. B. Geschwindigkeitsüberschreitung ab 21 km/h, Handy am Steuer, Rotlichtverstoß, Rettungsgasse nicht gebildet | |
Einmaliger A-Verstoß | Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Teilnahme an einem Aufbauseminar |
A-Verstoß in der verlängerten Probezeit | Verwarnung und Empfehlung der Teilnahme an verkehrspsychologischer Beratung |
Zweiter A-Verstoß in der verlängerten Probezeit | Entzug der Fahrerlaubnis |
A-Verstoß mit Alkohol oder Drogen | Teilnahme an speziellem Aufbauseminar für Fahranfänger |
B-Verstoß in der Probezeit z. B. Winterreifenpflicht missachtet, Termin zur Hauptuntersuchung überzogen, Ladung nicht gesichert und dadurch andere gefährdet oder einen Unfall verursacht | |
Einmaliger B-Verstoß | keine Verlängerung & kein Aufbauseminar |
Zwei B-Verstöße | Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Teilnahme an einem Aufbauseminar |
B-Verstoß mit anschließendem A-Verstoß | Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre & Teilnahme an einem Aufbauseminar |
Zwei B-Verstöße in der verlängerten Probezeit | Verwarnung und Empfehlung der Teilnahme an verkehrspsychologischer Beratung |
Zwei weitere B-Verstöße in der verlängerten Probezeit | Entzug der Fahrerlaubnis |
Haben Sie hingegen einen Unfall verursacht, ohne gleichzeitig einen A- oder B-Verstoß zu begehen, müssen Sie nur das übliche Bußgeld zahlen. Probezeitmaßnahmen drohen hier nicht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie beim Ausparken aus einer Parklücke ein anderes Auto beschädigen. Ein solches Versehen zieht lediglich ein Bußgeld von 30 Euro nach sich – vorausgesetzt natürlich, Sie verhalten sich korrekt und geben dem Besitzer des beschädigten Fahrzeugs Ihre Versicherungsdaten. Entfernen Sie sich hingegen unerlaubt vom Unfallort, stellt das wiederum eine Straftat dar – und eine solche wird immer als A-Verstoß gewertet.
Beispiele für Verkehrsverstöße mit Unfall: Was gilt als A-, was als B-Verstoß?
Kein A- oder B-Verstoß: Sie verursachten einen Unfall in der Probezeit, als Sie …
- … verbotenerweise über die Verkehrsinsel fuhren.
- … verbotenerweise den Grünstreifen benutzten.
- … verbotenerweise auf dem Gehweg fuhren.
- … auf die Kreuzung fuhren, ohne einem wartenden Fahrzeug die Möglichkeit zu geben, diesen zu verlassen.
- … bei einer Geschwindigkeit von maximal 80 km/h den vorgeschriebenen Mindestabstand zum Vordermann unterschritten.
- … beim Überholen ein in gleicher Richtung fahrendes Fahrzeug streiften.
- … beim Ausparken aus einer Parklücke ein anderes Fahrzeug anrempelten.
Hinweis! Unter Umständen kann Ihr Fehlverhalten auch als fahrlässige Straftat eingestuft werden. Das ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn Sie beim Führerschein auf Probe einen Unfall mit Personenschaden verursacht haben. Fahrlässige Körperverletzung oder Tötung stellt eine Straftat dar, welche immer als A-Verstoß gewertet wird.
B-Verstoß: Sie verursachten einen Unfall in der Probezeit, als Sie …
- … mit einem Kfz samt Anhänger fuhren, obwohl bestimmte Fahrzeugteile nicht den Vorschriften entsprachen und deshalb die Verkehrssicherheit beeinträchtigt war.
- … in einem Tunnel das Wendeverbot missachteten.
- … in einem verkehrsberuhigten Bereich einen Fußgänger gefährdeten.
A-Verstoß: Sie verursachten einen Unfall in der Probezeit, als Sie …
- … eine Verkehrsstraftat begingen (z. B. Unfallflucht, Trunkenheit am Steuer, Nötigung).
- … bei Rot über eine Ampel fuhren.
- … gegen das Rechtsfahrgebot verstießen.
- … mindestens 21 km/h zu schnell unterwegs waren.
- … ein Überholverbot missachteten.
- … ein Stoppschild missachteten.
Übrigens: Selbst wenn Sie als Radfahrer einen Unfall in der Probezeit bauen, kann das Konsequenzen für Ihre Probezeit haben. So stellt z. B. ein Rotlichtverstoß mit dem Fahrrad in Verbindung mit einem Unfall ebenfalls einen A-Verstoß dar.